Mehr Demokratie wagen!
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- von Roland Klose
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Ähnlich sieht es beim Wählen unserer sog. Volksvertreter aus. Ich dachte eigentlich, mit dem unsinnigen Vorschlag der Verlängerung von Wahllokalöffnungszeiten von SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi - "Wählen so lange bis der Arzt kommt!" - wäre dieses leidige Thema endgültig vom Tisch. Doch jetzt wagt die CDU/CSU allen Ernstes einen weiteren Vorstoß. Wahllokale sollen statt von 8-18 Uhr demnächst von 8-20 Uhr geöffnet werden. Und das alles, um die Wahlbeteiligung wieder entscheidend zu erhöhen. Zum Vergleich: Bei der Bundestagswahl 2013 lag die Wahlbeteiligung bei nur 71,5%. Als Willy Brandt (SPD) im Jahr 1972 als Bundeskanzler wieder gewählt wurde, gingen jedoch 91,1 % der wahlberechtigten Bundesbürger wählen, obwohl die Wahllokale damals auch schon um 18 Uhr geschlossen wurden.
Warum war die Wahlbeteiligung 1972 so hoch? Ganz einfach, weil die SPD/FDP-Koalition ein gute Politik für Deutschland machte. Willy Brandt war der Friedenskanzler, der mehr Demokratie wagte, und mit seiner Entspannungspolitik in Richtung Warschauer Pakt und der Sowjetunion schließlich die Beendigung des Kalten Krieges, den Fall des Eisernen Vorhangs in Europa und den Fall der Berliner Mauer einläutete. Außerdem verwirklichte Brandt eine soziale Demokratie in Deutschland unter anderem mit der Chancengleichheit im Bildungswesen, der Einführung eines kostenlosen Bafögs und einer wirklichen Rentenreform, die das allgemeine Rentenniveau erhöhte statt kürzte.
Und wie ist die Situation in Deutschland und Europa im Jahr 2014? Der Kalte Krieg ist zurück gekehrt, die Sicherheit in Europa extrem gefährdet und die alte Dame SPD betreibt seit Hartz I-IV massiv Sozialabbau auf allen Gebieten. Kein Wunder, dass die Wahlbeteiligung sinkt. Die Wahlbeteiligung kann nur mit guter, sozial ausgewogener Politik und mit mehr Bürgerbeteiligung in Form von direkter Demokratie anstatt mit einer Verlängerung der Wahllokalöffnungszeiten verbessert werden. Willy Brandt brachte es auf den Punkt: "Wir wollen mehr Demokratie wagen."
Liebe SPD, von Willy Brandt lernen, heißt siegen lernen. So steigern wir die Wahlbeteiligung und nur so kommt die SPD aus ihrem Stimmungstief. Die Öffnungszeiten für Wahllokale sollten bleiben wie gehabt. Es gibt ja noch die Briefwahl. Aber eins könnte trotzdem verändert werden, um gerade die wahlmüde Jugend mehr zu motivieren: Am Wahltag sollten im Internet von 0-18 Uhr die Parteien und die Direktkandidaten per Mausklick frei gewählt werden können.
Roland Klose, Bad Fredeburg