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Es ist der 16. Dezember 1944. Wir werden die Treppe runter in den Keller getragen. Meine Mutter, noch in einer Art "Geburtsstarre" hinter mir. Aussig, im Sudetenland, wird das erste und letzte mal bombardiert.
Das Patrizier Haus meines Großvaters über dem Keller, am Materniplatz zwischen Oper und Marktplatz, wird beschädigt. Nach dem Krieg wird es für das neue Rathaus von "Usti nad la bem" abgerissen.
Ein halbes Jahr nach den Bomben, wird die ganze Familie "abgerissen".
Der Großvater verhungert oder erfriert in Coswig, der Vater schnitzt Essbesteck bei den Russen, die Mutter ist mit ihren drei Kindern am Stempel Fälschen, um in die amerikanische Zone gelassen zu werden.
Zurücklassen mussten sie:
Das Haus am Materniplatz, die Stadtvilla, einige andere Immobilien, eine halbe Brauerei (Die Sudetenbräu AG) und die größte Anwaltskanzlei in Aussig. Und, eine Jahrhunderte alte österreichisch - ungarische Beamten- und Patriziertradition.

Dafür hat mich, 10 Jahre später, der Lastenausgleich entschädigt.

Mit 300 Mark.

Etwa zur gleichen Zeit, wurden in Usti die Familiengräber planiert


Michael Maresch

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