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Mit Erstaunen beobachte ich, nach wie vor, die Entwicklung rund um die „Mutter“ des „Friday for Future“, Greta Thunberg.
Inhaltlich ist da nichts drin, was nicht seit 10 Jahren auf allen Leserbriefseiten der Zeitungen rauf und runter, mit wesentlich mehr Tiefgang, immer wieder vorgebetet worden wäre.

Genau den gleichen Vorgang konnte man damals beim CDU Video des Youtubers „Renzo“ feststellen.
Doch: Wer hat all das erfunden: Die Leserbriefschreiber! Jahre vorher.

Warum also der Hype über „Renzo“? Warum die Mobilisierung über Greta? Warum nicht, viel früher, über einen oder viele Leserbriefschreiber, über eine oder viele Zeitungen?

An den Personen, den Schreibern und Rednern in den Zeitungen und im Funk kann es nicht liegen. Da haben die Leserbriefschreiber einen klaren Vertrauensvorsprung: sie unterschreiben, im Gegenteil zur "Usermeinung" ihre Meinung mit ihrem guten Namen.
Dem haben die Internet Schreiber und Redner oft nur ihr Outfit entgegen zu setzen, was aber, je greller, je wirkungsvoller, gerade die erwachsenen Semester eher abtörnt, während die Jugend, verständlicher Weise, sich um sie versammelt.

Nachdem es nicht die Inhalte und nicht die Personen sind, kann es nur noch das Medium sein. Offensichtlich verhindern gedruckte Medien und Fernsehsender die Durchsetzung von Meinung, wenn sie nicht aus der Mitte ihrer Redaktionen stammt. Anders ist das nicht zu erklären. Denn offensichtlich ist keine Meinung, auch die beste, so gut verborgen, als wenn sie, in der Mitte anderer Meinungen, auf der Leserbriefseite gedruckt ist.

Die Gründe dafür sind vielfältig.

Zunächst einmal behandelt jede Zeitung, jede Fernsehredaktion, die Meinung der Bürger anders.

Die eine nimmt nur regionale Themen, die andere nur Briefe mit direktem Bezug auf Artikel im Blatt, eine Dritte nur einen Brief pro Monat, eine vierte nur Abonnenten, usw., usw..

Das läßt die Vermutung zu, dass nicht das Thema oder die Brillanz des Gedankens die Veröffentlichung steuert, sondern der von den Redaktionen vermutete und gesteuerte Eigennutz des Blattes, des Senders. Das wäre auch nicht dramatisch, gäbe es ein überregionales Interesse aller oder vieler Zeitungen. Das gibt es zwar, den Erhalt der eigenen Zeitung, was sie alle trifft, aber jeder kocht dabei sein eigenes Süppchen.

Genau nachzuweisen ist das an den Kürzungen die die Redaktionen an den Leserbriefen vornehmen, aber das führt in diesem Zusammenhang zu weit. Damit mag sich, zu gegebener Zeit, eine Habilitation oder eine Doktorarbeit beschäftigen.

Für uns hier reicht es festzustellen, dass durch die „Zurechtbiegung“ der Schreibermeinung auf die vermuteten Vorteile des Blattes alle Meinungen regionalisiert werden. Blattübergreifende Meinung findet nicht statt. Edelfedern unter den Leserbriefschreibern, mit bundesweiter Wirkung, können nicht entstehen.

Regionale „Edelfedern“ entstehen dagegen durchaus. Das geschieht, indem solche Schreiber immer wieder, oft hunderte Male, gedruckt werden. In manchen Zeitungen schreiben Leserbriefschreiber häufiger als mancher Redakteur.

Wohl wissend, dass die Leserbriefseite zu den meist gelesenen Teilen der Zeitung gehört und dass die Wiedererkennung von Namen bei Meinungen für die Leser bindende Wirkung erzielt, setzt man das, mehr oder weniger zögerlich, ein. Zögerlich deshalb, weil es nie vorkommt, dass so eine „Edelfeder“ promotet oder sonst irgendwie gefördert wird, geschweige denn mit anderen Zeitungen oder Sendern "geteilt" wird.

Der Leserbriefschreiber hat sich den obskuren Bedingungen des Blattes unterzuordnen. Punkt. Er erscheint immer zwischen ganz vielen anderen Meinungen und hat unter keinen Umständen die Gewissheit zu haben ob er gedruckt wird und was von ihm gedruckt wird.

Ich habe das 2010 erkannt und, da ich eine solche „Edelfeder“ der AZ München war, habe ich mir, anlässlich der damaligen Pleite der Zeitung, in Sorge um sie, Gedanken gemacht, wie wir Leserbriefschreiber mithelfen können, unsere Zeitungen zu erhalten.

Der Gedanke war, eine Elite aus Leserbriefschreibern bundesweit zu ermitteln, sie zusammen zu fassen und damit das zu ermöglichen, was alle Medien wegen ihres Tellerrandes nicht können oder nicht können wollen: blattübergreifende Prominenz. Prominenz, so das Kalkül, die durch ihre bindende Wirkung beim Leser, allen Zeitungen beim Überleben hilft, Prominenz der Leserbriefschreiber, die, als Gegenmittel, gegen die willkürlich entstehende halb anonyme Prominenz der Blogger, das Überleben wenigstens etwas erleichtert.

Das Ergebnis daraus aber, ist bescheiden. Immer noch stehen die Medien vor dem Internet wie die Maus vor der Katze: frisst es mich? Statt die eigenen Leute zu fördern, und zeitungsinterne "Influenzer", die sie ja mit ihren Leserbriefschreibern zu hauf hätten, herauszubilden und zu fördern, wird da schon mal ein Internet Blogger aufgegriffen und über Gebühr in seiner Prominenz befördert. Auch wenn das mittelfristig dazu beiträgt, das Vertrauen in die traditionellen Medien weiter zu erschüttern, propagiert man so Meinung, die vollständig ungefiltert ist, während man die Meinung der eigenen Leser bis zur Unkenntlichkeit regional versteckt und gleichschaltet.

Als Beweis dafür mag gelten, dass mein Werkzeug zur Erzeugung von übergreifender Prominenz von Leserbriefschreibern, die Bürgerredaktion.de, es zwar zu einiger Prominenz im Internet geschafft hat, aber noch niemals in irgendeinem anderen Medium Erwähnung gefunden hat. Ich behaupte daher sogar, dass diese Seite und ihr Anliegen noch niemand bei den Zeitungen begriffen hat. Jede Zeitung scheint in ihrem Existenzkampf so beschäftigt zu sein, dass sie die Chance, die sich aus zeitungsübergreifender Prominenz einzelner Leserbriefschreiber ergibt, nicht zur Sicherung der eigenen Existenz benutzt.

Immer noch scheint die Vorstellung vorzuherrschen, dass die Bürgerredaktion in Konkurrenz zur eigenen Leserbriefseite steht. Das aber ist nicht der Fall. Im Gegenteil: entscheiden doch die Leserbriefseiten und ihre Redakteure, wer in der Bürgerredaktion veröffentlicht wird: Alle Autoren müssen wenigstens 200 Briefe in großen Zeitungen gedruckt bekommen haben, bevor sie, als Autoren, selbst in der Bürgerredaktion.de veröffentlichen können.

Dieser Weg mag nicht der einzige sein, unter Umständen auch nicht der beste, aber er ist wenigstens ein Versuch, die Medien, mit prominenten Leserbriefschreibern, in ihrem Kampf gegen den Werbeverlust an das Internet, zu unterstützen.

Ich fordere Sie daher auf, einen runden Tisch zur Neugestaltung der Beziehung der Medien zu ihren Lesern und Sehern, gebiets- und zeitungsübergreifend, einzuberufen, der vor allem die überregionale Einbindung der besten Leserbriefschreiber regelt und ihre Prominenz zulässt, ja befördert.

Denn eines ist sicher: der Vertrauens- und Leserverlust, den die Medien in den letzten Jahren erlitten haben, erstreckt sich nicht auf das öffentliche Vertrauen in die Leserbriefschreiber.

Warum nutzen Sie dieses riesige Potential an tollen Leuten in Ihrer Leserschaft also nicht zum Erhalt der Medienlandschaft, zur Sicherung der Existenz aller Zeitungen, aller Sender?  Haben Sie denn keinen Verband, der das, wenn Sie sich einig wären, steuern könnte?

Wie viele Zeitungen müssen denn noch verschwinden?
 

Michael Maresch

Ein Kommentar

  • #1... Printmedien .... — Handwerksmeister Alois Sepp  2020-02-09 19:22 Solange der Redakteur selbst, seine Chefs und wiederum deren Chefs allesamt, den Kopf in den Sand stecken, sich immer NUR für die BESTEN halten, kann nichts Gutes dabei rauskommen. Die Wertigkeit der Leserbriefschreiber sieht man am besten daran, wenn man die Leserbriefseite selbst betrachtet. Meist wird hierfür nur ein halbes Blatt verwendet, wenn es überhaupt ein halbes Blatt wert ist, die Leserbriefe in "redigierter" Form darzustellen. Vergleicht man den gedruckten Teil mit dem Originaltext des Schreibers, so wird durch die Darstellung häufig der wirkliche Sinn ins Gegenteil verdreht. Ich bekam inzwischen den Eindruck, dass man die Leserbriefecke nur aus Alibigründen darstellt, so tut, als würde man ......!
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