Herr Präsident, die Auflösung des Warschauer Paktes am 31. März 1991 war aus sowjetischer Perspektive ein enormer Vertrauensvorschuss gegenüber dem Westen. Der NATO war der Feind ohne ihr Zutun abhanden gekommen. Zwischen Moskau und Washington hätte in vertrauensvoller Zusammenarbeit eine Grundlage für eine Weltordnung des Weltfriedens geschaffen werden können.
Welche noch triftigeren Gründe als die Schaffung einer Weltordnung des Weltfriedens haben Sie dazu bewogen, statt der Abschaffung der NATO die Osterweiterung der NATO zu betreiben? Sie sehen heute, was die Welt davon gehabt hat. Russland und die Ukraine haben im Verbund der Sowjetunion lange friedlich als gute Nachbarn nebeneinander gelebt. Wer war es denn, der einen Keil zwischen die beiden getrieben hat ? Jetzt streben Ost und West danach, ihre Drohgebärden gegenüber einander zu übertreffen. Bedauerlicherweise ist der derzeitige Präsident der Ukraine, Herr Wolodymyr Selenski, kein besonnener Politiker, sondern ein „schriller Scharfmacher“. Er wäre besser beim Film geblieben wie Hitler bei der Malerei.
Sie, Herr Präsident Clinton, haben die weltgeschichtlich einzige Chance nach 1945 vertan, mit dem Vertrauensvorschuss Russlands ausgestattet, die ersten Schritte in Richtung einer besseren Welt zu tun. Nun ist der „Kalte Krieg“ im „Großformat“ wieder da! Die Welt hängt wieder über dem Abgrund wie 1961/1962 - passender Weise zu Weihnachten.
Die Einzigen, die im Angesicht dieser Entwicklung „Halleluja“ rufen, sind die in den USA im Sicherheitsbereich tätigen Personen, zwei Millionen im Verteidigungsbereich, vier Millionen in Rüstungsbereich. Die Rüstungsindustrie der USA spendet jährlich Millionen sowohl an die republikanischen als auch die demokratischen Abgeordneten im Kongress der USA, damit sie gesetzgeberische Initiativen ergreifen, die günstig für die Rüstungsindustrie sind. Die Abgeordneten wieder benötigen diese Millionen, damit sie ihre teuren Wahlkämpfe bezahlen können. So ist der „friedlose“ Kreislauf in der amerikanischen Politik gewährleistet.
Wir können also getrost davon ausgehen, dass ein Krieg in der Ukraine der amerikanischen Rüstungsindustrie gerade recht ist.
„Die Kriege und die Angst vor neuen Anschlägen sind der Motor unserer Wirtschaft“, sagt Winslow Wheeler vom „Center for Defense Information“ in Washington. Frieden könnten sich die USA gar nicht leisten.
Wir Europäer sollten uns fragen, ob ein Bündnispartner, dessen Wirtschaftskreisläufe nur bei unablässiger Kriegführung funktionieren, uns auf Dauer gut bekommen wird.
Die Umsetzung des Klimavertrages wird so lange misslingen wie auf der Erde Kriege geführt werden. Leute, die sich – eventuell – zwanzig Jahre lang bekämpfen, werden nicht gleichzeitig friedlich zusammenarbeiten, um aus dem Klimavertrag eine Erfolgsgeschichte machen.
Da die USA gezwungen sind, zur wirtschaftlichen Erhaltung ihrer Existenz Kriege zu führen, können wir einen Erfolg des Klimavertrages ausschließen. Die Menschheit wird daher ein Opfer der Entwicklungen werden, die sie durch die Umsetzung des Klimavertrages verhindern wollte. Ein schönes Geschenk für die nachfolgenden Generationen! Otfried Schrot