Internationales Recht und internationale Verträge wirken so lange wie die Tinte noch nicht trocken ist, mit der sie unterzeichnet worden sind. Die Charta der Vereinten Nationen ist in Kraft befindliches Internationales Recht. Sie ist tausendfach gebrochen worden. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker ist in Kraft befindliches internationales Recht. Es wird tagtäglich gebrochen. Niemand protestiert, niemand klagt an, niemand bestraft, niemand heilt den Rechtsbruch. Die Uighuren werden von den Chinesen unterdrückt, die Tibeter desgleichen, die Kurden von der Türkei, dem Iran, dem Irak und Syrien, die Katalanen von den Spaniern, die Palästinenser – von wem auch immer.
Auf diesem Planeten hat im Zweifelsfalle staatliche Willkür immer noch Vorrang vor dem Recht. Nur eine solidarische Massenorganisation, die aus der Tiefe der Menschheit emporwächst und die Regierungen „in den Schwitzkasten nimmt“, könnte sie zwingen, ihre Arroganz abzulegen und geschriebenen nationalen wie internationalen Gesetzen zu gehorchen.
Der erste Schritt in die richtige Richtung wäre die Gründung eines Parlamentes bei den Vereinten Nationen, das durch Druck auf die UN – Generalversammlung die Regierungen zwingt, internationales Recht zu respektieren und umzusetzen. Aber sieben Milliarden Weltbürger lassen sich lieber von den Mächtigen schikanieren anstatt sich zu dieser Willensbekundung aufzuraffen. So bleibt den Leidenden auf dieser Welt nur der sehnsüchtige Blick auf edle Verträge und Gesetze, deren Verheißung nicht zur Erfüllung wird.
Otfried Schrot