In den Jahren 1998 - 2003 hatte ich einen "Briefwechsel" mit dem damaligen Siemenschef Heinrich v. Pierer. Der bestand aus drei Briefen von ihm und etwa 30 von mir. Der Briefwechsel war lustig: fast jedes mal nach einem Brief von mir veränderte sich was bei Siemens. Selbstverständlich wird in hundert Jahren niemand bei Siemens zugeben, dass ich kleiner Erfinder da was verändert habe.
Lesen Sie nun, was ich bei der SZ nicht verändert habe.
Am Donnerstag, den 16.05.2013 schrieb ich den Artikel "Leser am Gängelband" (auch in "Wir über uns") und schickte ihn an die 5 Münchner Zeitungsredaktionen.
Der Münchner Merkur bedankte sich mit einer Mail für die gute Bewertung, wollte aber daran festhalten, die Schreiber von gedruckten Leserbriefen nicht zu benachrichtigen. Ein wenig Gängelung bleibt also erhalten und damit die Eins Minus.
Alle anderen Redaktionen schwiegen.
Die AZ hatte am darauffolgenden Dienstag (Montag war Pfingsten) gar keine Leserbriefe, Donnerstag, Freitag und Samstag jeweils drei, versprengt im Blatt. Darunter einen des Vielschreibers Norbert Gaiser. Die Bewertung stimmt also noch.
Bei der SZ ging die Post ab. Am Dienstag keine Leserbriefe, an den darauffolgenden vier (!) Tagen jeden Tag Leserbriefe, was es vorher noch nie gegeben hatte.
Weil die Leserbriefseite am Mittwoch sich von allen vorherigen Seiten unterschied, schrieb ich der SZ folgenden Brief:
Ok, nehmen wir die Seite von heute.
etwas mehr Platz, kein einziger Dr. oder Prof. (so habe ich das auch nicht gemeint), die Androhung die Briefe ins Internet zu stellen.
Ergibt eine vier.
1. Aktuelle Themen, also das was die Bürger verändern, wo sie sich einmischen wollen - Fehlanzeige. Aktuelle Meinung haben nur die Redakteure zu haben.
Schlimmer noch: einzig aktuell ist die Netzmeinung links oben. Das erscheint mir, mit Verlaub, ein Printmedium betrachtend, wie eine Art "Suizidversuch", der nur dadurch abgemildert wird, dass die Meinungen aus dem Netz mit vermutlich echten Namen versehen sind. Sind die Namen verifiziert, sind das Leserbriefe und Sie können sich die Werbung für Facebook und Konsorten sparen.
Nochmal: ich finde das als Beleidigung der Schreiber, die Ihre Meinung unterschreiben, wenn sie neben Netzgeschwafel platziert werden.
2. Wenn schon Netz, dann anders herum: "Hier gedruckte Briefe finden Sie zur Diskussion auf ....@sz.de, + QR Code) und dann auf der SZ.de nur mit Namen, Adresse und Telefonnummer registrierte Nutzer zu Wort kommen lassen. Verantwortete Meinung. Nichts anderes. So wird die Meinungsmacht ein wenig geteilt zwischen Redakteuren und Lesern.
3. Die Themengestalt der Seite in allen Ehren. Wären das nicht immer nur Themen, bei denen man vermutet, dass die Schreiber noch richtige handgeschriebene Briefe, die eine Woche auf der Post sind, schicken.
Währen die Themen überwiegend, nicht immer, aktuell, super.
Ich würde das in (aktuelle) "Themen" und "Nachlese" teilen, und das in etwa so räumlich gestalten, dass die Nachlese den Platz der "weiteren Briefe" erhält.
Einen Tip gebe ich Ihnen noch:
Herr Bronski von der Frankfurter Rundschau ist gerade in Vertragsverhandlungen.
Ach ja, im Regionalteil waren die Lesermeinungen diesmal auf R1 angekündigt. Super. 1-.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Maresch
heute ist die Leserbriefseite eine glatte Zwei. Das Zitat unter dem Bild ist eine schöne Idee.
Zur Eins fehlen jetzt noch zwei Dinge:
1. Tägliches Erscheinen und
2. Auffindbarkeit, sprich Veröffentlichung der gedruckten Artikel im Internet, damit das Versprechen oben, "Forum", Inhalt erhält.
Ich bin beeindruckt.
Gruß
Michael Maresch
Wenn heute eine Zeitung ihre Meinungsmacht nicht mit ihren Lesern teilt, trifft sie morgen die Macht der Leser, die sich nicht zum Wiederkäuen hergeben. Die wandern ab.
Traurig ist, dass diese Bezug fordernde Einschränkung vollständig sinnfrei und unnötig ist. Sie sagt nur: wir sind die große SZ und du, du kleiner Leserdepp, hast zu schreiben was wir wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Maresch
Michael Maresch